Montag, 30. Juni 2014

Wenn die Wut auf die Welt eigentlich ungerechtfertigt ist, oder doch nicht?

Ihr Lieben,

normalerweise freut man sich, wenn die besten Freunde ein Baby zur Welt bringen. Und ein anderer langjähriger Freund einem stolz ein Foto seiner hochschwangeren Frau schickt.

Normalerweise würde ich am gleichen Tag ins Krankenhaus rasen und den neuen Erdenbürger begrüßen und ihn mit hübschen selbstgemachten Geschenken auf der Welt willkommen heißen. Ihn kuscheln, anlächeln, den wundervollen Babyduft ganz tief einatmen, die himmelsgleiche weiche Haut streicheln und ihn fotografieren, um diesen einzigartigen Moment für immer festzuhalten. Ja, normalerweise ist das meine typische Reaktion auf einen neuen Menschen.

Aber diesmal kann ich das nicht. Ich kann noch nicht mal anrufen und gratulieren, noch ganz unpersönlich eine Nachricht mit Glückwünschen via What's App ausrichten. Es geht einfach nicht. Ich habe das Gefühl meine Stimme zu verlieren oder dass mir der Hals zugeschnürt wird, sobald ich versuche den beiden zum neuen Erdenbürger zu gratulieren. 

Ich kenne das nicht von mir. Ist das Neid, dass die beiden etwas haben können, was ich erst mal nicht haben kann? Ist es die unverarbeitete Trauer um meine zwei verlorenen Kinder?

Das ist das eigentlich Schlimme daran. Ich kann noch nicht mal in Worte fassen, was es eigentlich ist. Ich begreife es nicht. Mein Gehirn ist einfach nicht in der Lage das zu verarbeiten. Vermutlich ist diese ganze Situation komplexer als ich momentan vermute.

Aber ich muss dagegen angehen. Ich habe mir fest vorgenommen, dem neuen Erdenbürger bis zum Ende der Woche ein Kissen mit dem eigenen Namen zu nähen und ihn am Samstag persönlich auf der Welt willkommen zu heißen.

Weglaufen gilt nicht! Und nach Regen kommt ja eigentlich auch immer Sonnenschein.


Was es ist (Erich Fried)

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe


Fühlt euch gedrückt.

Eure Lisa

1 Kommentar:

  1. Es ist was es ist...ich glaube nicht, dass es Neid ist. Ich glaube, es ist einfach der Schmerz, der uns die Worte und auch die Freude nimmt. Weil man sich so sehr wünscht auch mal an der Reihe zu sein, nicht immer nur in fremde Babybettchen lächeln zu müssen. Es ist sicher keine böse Reaktion und manchmal klappt es eben besser, dann kann man seinen Schmerz runterschlucken und lächeln, manchmal muss man ihn aushalten, aber er vergeht, man hopst über seinen eigenen Schatten und gratuliert zum Baby. Denn schließlich hat niemand schuld an unserer Situation. (Es wäre sooooo viel einfacher jemandem die Schuld zu geben und dann direkt mal ein Jahr sauer sein oder so...gell?) Es ist was es ist...und das mit dem Kissen finde ich eine schöne Idee!

    AntwortenLöschen